Mittwoch, 26. September 2012

Ist die Verfassung "nur" ein Medium?

Verfassung der Vereinigten Staaten
Auch das Grundgesetz* steht auf geduldigem Papier oder schwirrt virtuell durch das Internet - wird also getragen, wie jedes andere Medium auch. Für eine Verfassung, wie z.B. der amerikanischen "Constitution", kommt nahezu jedes Trägermedium in Frage.

Das Spannende an einer "Verfassung** als Medium" ist sicherlich die "Redaktion". Eine Verfassung entsteht durch die Redaktion des Volkes, durch Deligierte oder eine Art Volks- und Bürgerbegehren, einen Verfassungskonvent. 

Da das ganze Volk hinter der Verfassung stehen (können) sollte oder dessen Einzelteile zumindest empathisch nachvollziehen (können) sollte, ist nach Möglichkeit das gesamte Volk in den "Bildungsprozess" einzubeziehen. Aus diesem Blickwinkel betrachtet ist der "Prozess" auch weitaus wichtiger, wirkungsvoller und bedeutender als das "Endprodukt", das jederzeit gemeinsam neuen Begebenheiten angepasst werden kann!

Je weniger die von einer Verfassung Betroffenen in diesen Prozess einbezogen werden, um so weniger können sich diese mit ihren eigenen Regeln "identifizieren" - und umso mehr Ablehnung gegen die eigenen Gesetze, Unterodnung oder Hinwegsetzen (also mehr oder weniger subtile Gewalt!) entsteht. Dies gilt natürlich für alle Gesetze und findet sich bei T.W. Adorno, E. Fromm und A. Gruen nachzulesen.

Auch die Wirkung einer "Verfassung" als "Medium" ist spannend und aussergewöhnlich zugleich. Während die "Wirkungsforschung" davon ausgeht, dass es keinen Beweis für die direkte und reproduzierbare Wirkung eines Mediums auf die Rezipienten gibt - wird von einer Verfassung erwartet, dass diese im gesamten Geltungsbereich anerkannt und umgesetzt wird.


Im Gegensatz zu einer "Werbung", die in Millisekunden aufgenommen werden soll und zu direkten (wirtschaftlich) messbaren Erfolgen führen soll - haben unsere Gesetze und somit auch die Verfassung ein Umsetzungsproblem. In der Regel wissen wir alle was gut für uns selbst wäre, wir halten uns nur in speziellen Bereichen nicht einmal an das, was wir bereits selbst als richtig erkannt haben. 

Was bringt die beste Verfassung, wenn sich die Menschen nicht - oder zu wenig - daran halten? Was bringt ein Parteiprogramm, das man eigentlich als parteiliche Verfassung betrachten sollte, wenn sich nicht einmal die herausgebenden Parteien selbst daran halten?

Ein zentrales Problem, warum sich Menschen nicht - oder zu wenig - mit ihren eigenen Gesetzen identifizieren bzw. diese zumindest nachvollziehen können, ist die fehlende Einbindung in den Bildungsprozess. 


Etwa um Min. 6 erklärt Gerald Hüther in diesem Video aus der Sicht der Gehirnforschung
und Lerntheorie unser "Umsetzungsproblem".


Besonders kann man dies in der "Erziehung" und "Bildung" erkennen, wenn man versucht den eigenen oder anvertrauten Kindern Regeln beizubringen. Am nachhaltigsten funktioniert dies, wenn die Kinder die Regeln auch selbst nachvollziehen können oder gar in die Gestaltung der eigenen Lebensregeln mit einbezogen werden. Je mehr die Regeln (gegen den Willen oder gegen das empathische Verständnis) übergestülpt werden, umso mehr entsteht unterdrückte Anpassung oder hinwegsetzende Rebellion.

Diese fehlende partizipative Demokratie hat pathologische, also krank machende, Folgen. Die ART & WEISE, wie eine Verfassung als Medium gestaltet und eingeführt wird, wirkt direkt auf die authentische Akzeptanz im Geltungsbereich. 

Somit ist unsere Verfassungsbildung massgeblich mitverantwortlich an unserem Umsetzungsproblem von Regeln, die wir uns gemäß "Demokratie" eigentlich selbst geben.


* = Grundgesetz
Ein Grundgesetz ist- ein besatzungsrechtliches Mittel zur Schaffung von Ruhe und Ordnung in einenm durch Kriegsbehandlung besetzten Gebiet - gegeben von der Siegermacht (oder den Siegermächten) - für das auf Zeit eingesetzte Verwaltungsorgan (BRD), Quelle-Creifeld`s Rechtswörterbuch, 17. Auflage C.H. Beck München 2002


** = Als Verfassung wird das zentrale Rechtsdokument oder der zentrale Rechtsbestand eines Staates, Gliedstaates oder Staatenverbundes bezeichnet. Sie regelt den grundlegenden organisatorischen Staatsaufbau, die territoriale Gliederung des Staates, die Beziehung zu seinen Gliedstaaten und zu anderen Staaten sowie das Verhältnis zu seinen Normunterworfenen und deren wichtigste Rechte und Pflichten. Die auf diese Weise konstituierten Staatsgewalten sind an die Verfassung als oberste Norm gebunden und ihre Macht über die Normunterworfenen wird durch sie begrenzt. Die verfassunggebende Gewalt geht in demokratischen Staaten vom Staatsvolk aus. Verfassungen enthalten meist auch Staatsaufgaben- und Staatszielbestimmungen, diese finden sich häufig in einer Präambel wieder.


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