Samstag, 6. Oktober 2012

Die (R)Evolution der Arbeit

Indymedia
"Unsere Vorfahren hielten sich an den Unterricht, den sie in ihrer Jugend empfangen, wir aber müssen jetzt alle fünf Jahre umlernen, wenn wir nicht ganz aus der Mode kommen wollen", so Johann Wolfgang von Goethe 1808 in den "Wahlverwandtschaften".

Der Strukturwandel der Arbeitswelt ist somit kein völlig neues Problem. Wahrscheinlich wird die Begrifflichkeit, was Menschen unter "Arbeit" verstehen, nicht zum ersten Mal völlig in Frage gestellt. Neu sind eher die gesamtgesellschaftlichen Konzepte. Laut Prof. Frithjof Bergmann sei nicht die Frage nach dem Arbeitsplatz die eigentliche Zukunftsfrage, sondern die Frage nach der Freizeitgestaltung.

"In viele westdeutsche Industriehallen ist die Langeweile eingezogen, und schon während der Arbeit wird die Freizeitgestaltung zu einem erstrangigen Problem betrieblicher Sozialpolitik." (Spiegel



Die Automatisierung von Prozessen übersteigt die Revolution der Arbeitswelt durch die Maschinen der Industriealisierung um ein Vielfaches, denn selbst die Maschinen können nun vom Computer gesteuert werden. Jährlich müssen etwa 1,5 Millionen Bundesbürger ihre Arbeitsplätze der Rationalisierung opfern (Münchener Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung).


Das Versprechen von Arbeitserleichterung, weniger Arbeit und mehr Freizeit, das mit Industrialisierung und Automatisierung einher ging, wurde bis heute nicht eingelöst. Im Gegenteil stieg das tägliche Arbeitspensum, die Ausbeutung zu Lohndumping und die Arbeitslosigkeit beträchtlich. Da hilft auch in Deutschland kein Schönreden und Frisieren von Statistiken.


7450 Arbeitsplätze gingen in der Eurozone zuletzt jeden Tag verloren. Diese alarmierende Zahl veröffentlichte die europäische Statistikbehörde Eurostat. (derstandard.at 2. Mai 2012)

Angesichts der Wirtschaftskrise, industriell-technologischer Gründe von Massenentlassungen und Arbeitslosigkeit aufgrund von Software-Automatisierungen, ist der Umgang gewisser Medien mit Arbeitslosen (diese über einen Kamm zu scheren, faul und desinteressiert zu betiteln) purer Hohn, Hetze und Verleumdung.

Zusätzlich wird der Kapitalismus als zwingender Grund vorgeschoben, Arbeitsplätze in Billiglohnländer "out-zu-sourcen" und die dortigen Menschen in unwürdiger moderner Sklaverei zu halten.

"Die Zunahme der Produktivität pro Arbeitsplatz mag Ökonomen erfreuen. Die Kehrseite dieser Entwicklung ist Brynjolfsson und McAfee zufolge jedoch, dass noch mehr Wohlstand auf noch weniger Menschen konzentriert wird, während nun auch die Mittelschicht immer stärker um ihre Jobs fürchten muss." (heise)


„Der technische Fortschritt hat Menschen immer arbeitslos gemacht, doch die Geschichte zeigt, dass die Gesamtbeschäftigung darunter nicht gelitten hat“, sagt Solow. [...]
Wie organisieren wir eine Wirtschaft, in der enorm viele Arbeitskräfte überflüssig werden und fast alle Arbeit von Robotern erledigt wird – auch die Produktion von Robotern?

„An diesem Punkt müssen wir uns Gedanken machen, wie man die Bevölkerung ernährt“, sagt Solow. Ein Weg sei natürlich, das Kapital zu demokratisieren. „Wenn alle Einkünfte effektiv vom Kapital – Maschinen und anderem – erzielt werden, wird die Wirtschaft eine Art riesiger Anlagefonds – eine Situation, in der das Eigentum am ganzen Kapital über die Bevölkerung verteilt wird“, so Solow. Davon seien wir aber noch hundert bis zweihundert Jahre entfernt. „Vielleicht werden wir dies auch nie erleben.“(Der Wettlauf mit den Maschinen - heise)



In China scheint sich die Anschaffung der Roboter gegenüber den wandernden Billiglöhnern noch gar nicht wirklich zu rechnen. So kann die Einführung der Roboter, die auch Cina erfasst hat, auf eine Motivation zurückgeführt werden, die der Kritik an den Arbeitsbedingungen und  Hungerlöhnen begegnen möchte - auf Kosten der Arbeitsplätze. (Technology Review - Christina Larson - 24.07.2012)

"Obwohl die Automation schon seit längerem stetig an Boden gewinnt", schrieb Lewis Mumford schon 1967 in seinem Buch "Mythos der Maschine", "ist seltsamerweise erst in jüngster Zeit das Problem aufgetaucht, welche Bedeutung es hätte, wenn der Großteil des menschlichen Arbeitslebens ausradiert würde. Auch heute erkennen nur wenige, dass dieses Problem, einmal ehrlich ausgesprochen, das Endziel der Automation ernsthaft in Frage stellt. Was die mögliche Schaffung einer vollautomatisierten Welt betrifft, so können nur Ahnungslose ein solches Ziel als den höchsten Gipfel menschlicher Entwicklung ansehen. Es wäre eine Endlösung der Menschheitsprobleme nur in dem Sinne, in dem Hitlers Vernichtungsprogramm eine Endlösung des Judenproblems war." (Ruhende Roboter - Peter Glaser - Technology Review)

Ob die Industrealisierung und Automatisierung letztlich weniger Arbeitsplätze schafft als kostet, ist umstritten. Erst seit dem Jahr 2000 geht in Amerika die Zahl der Arbeitsplätze gegenüber der Anzahl geschaffener Arbeitsplätze zurück. 

Gerd Altmann  / pixelio.de
Hinzu kommen politische Entscheidungen. Die Politik habe es ermöglicht, sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse leichter durch Minijobs zu ersetzen, so der Direktor des Bonner Wirtschaftsforschungsinstituts zur Zukunft der Arbeit, Schneider, im Deutschlandfunk. Das Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit (IZA) kommt im Auftrag der Bertelsmann Stiftung zu folgendem Ergebnis:

Die derzeitigen gesetzlichen Bestimmungen bei Minijobs und Einkommensteuern von Ehepaaren verhindern das Entstehen von Arbeitsplätzen und fesseln Menschen in der Geringfügigkeitsfalle prekärer Arbeitsverhältnisse. Dagegen könnten durch eine kombinierte und gezielte Reform der gesetzlichen Regelungen für Minijobs und gleichzeitig eine Umgestaltung beim Ehegattensplitting in Deutschland 60.000 neue Vollzeitstellen entstehen. Zusätzliche Belastungen für den Staatshaushalt würden nicht entstehen.



"Vision einer Gesellschaft nach der Lohnarbeit." 
Prof. Frithjof Bergmann


In ihrem Bericht an den Club of Rome mit dem Titel "Wie wir arbeiten werden" gehen Orio Giarini und Patrick Liedtke davon aus, dass die produktive Tätigkeit, die den Menschen ausmacht, weit über die Erwerbsarbeit hinausgeht. Würde dies allgemein anerkannt, wäre aus ihrer Sicht die Minderung des bezahlten Arbeitsvolumens nicht tragisch, da sich die Selbst- und Fremdachtung des Wertes eines Menschen nach der Nützlichkeit für die Gesellschaft richten würde. 

Sie schlagen ein Mehrschichten-Modell der Arbeit vor, in dem ein monetarisierter Bereich die klassische Erwerbsarbeit umfasst. Daneben tritt ein Bereich, in dem Tauschwerte wie wohltätige, haushälterische und pflegerische Arbeiten erzeugt werden, die mit der herkömmlichen volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung nicht erfasst werden. Dazu kommt ein nichtmonetarisierter Bereich mit Tätigkeiten, die vorrangig der Eigenproduktion und dem Eigenkonsum dienen, wie zum Beispiel Selbststudium, Selbstbehandlung bei Krankheiten und selbst durchgeführte Reparaturen. Wenn die Erwerbsarbeit nicht mehr überbetont werde, könne das Stellenangebot in diesem Arbeitsbereich sinken und die notwendige Arbeit nach individuellen Bedürfnissen flexibilisiert und einer größeren Vielfalt von Lebensstilen angepasst werden. Bildung während aller Lebensphasen gilt allerdings als unabdingbares Muss. (Bundeszentrale für politische Bildung)

Nicht nur die Rahmenbedingungen und Beschäftigungsverhältnisse ändern sich - auch die Arbeit selbst ist im stetigen Wandel.

„Wir sind die erste Generation, die sich vom Schreibtischzwang emanzipiert. [...] Wir leben in der Informationsgesellschaft, aber arbeiten oft noch nach den Regeln der Industriegesellschaft. Das muss sich ändern.“ Markus Albers, Politologe und Journalist (wiwo.de)

Es braucht völlig neue Denkmodelle für die "Neue Arbeit", wie das Grundeinkommen oder die Maschinensteuer begegnen der Problematik visionär. Es stellt sich grundlegend die Frage, ob die Menge der Arbeit nicht neu verteilt werden muss - und ob die Früchte unseres industriellen Erfolges nicht ebenso jedem Menschen zugute kommen müssen. Es scheint, als würde sich auch ein völlig neues Verständnis unseres Sozialwesens anbahnen. Eine endgültige Lösung ist nicht in Sicht - aber es sieht so aus, als müssten wir die Problemlösung ebenso auf neue Art und Weise denken und zu einem wirklichen Wandel bereit sein ...

1 Kommentar:

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