Sonntag, 2. September 2012

Freiheit von piratischer Ideologie

Gerd Altmann  / pixelio.de
Haben die Piraten wirklich keine Ideologie - oder kennen die Piraten ihre eigene Ideologie selbst noch nicht, da eine "politische Ideologie" der Summe der Ziele imanent zugrunde liegt - und auch die Ziele der Piraten erst entwickelt werden?




Oder revolutionieren die Piraten den Begriff der "Ideologie" an und für sich?

Über den historisch gewachsenen Ideologiebegriff formen sich ganze Gesellschaftsteile, Subkulturen und soziologische Identitäten. Mit ihrer Identitätsstiftung konnte sich die Gesellschaft in ihre heutigen Bestandteile ausdifferenzieren. Neu aufkommende Wertesystemen bildeten neue gesellschaftliche Gruppierungen, über die sich bislang Ideologien konstruierten. 

In einer so schnellebigen Zeit, wie der unseren, überleben sich Ideologien ebenso schnell und werden regelrecht als "universaler Maßstab und Metatheorie" ungültig. Im Extrem führten Ideologien zu Kriegen, totalitären Systemen und Massenvernichtung, Mord und Totschlag.

Wie würde Marx, der "Ideologie" an und für sich kritisierte, reagieren, wenn er bemerken würde, dass seine "Rahmenbedingungen" zu einer Ideologie verwurstet wurden? Mit der Mauer fiel der Sozialismus in sich zusammen und selbst der Kapitalismus, der sich in der einen oder anderen Form in nahezu allen Ideologien wiederfindet, ist mehr als nur am bröckeln.

Vielleicht sollte die "Ideologie" selbst - gemeinsam mit ihren "Sub- & Parallel-Ideologien", die sich ad absurdum geführt haben - das zeitliche segnen? Angesichts dem (katastrophalen) Versagen bisheriger "Ideologien" erscheint es nur legitim, jegliche "Ideologie" als unzeitgemäß abzulehnen.

Betrachten wir das aktuelle Geschehen, dann könnte man bemerken, dass bisherige Ideologien auch nicht mehr eindeutig zugeordnet werden können. Die LINKE fordert gegenüber den Banken einen neoliberalen Kurs und stellt sich gegen die sozialistische Vergmeinschaftung - wohlbemerkt der Bankschulden. Die Grünen setzen sich für nationale Umweltstandards ein, da diese Vorreiterrolle Deutschlands gegenüber anderen Ländern auch für diese hilfreich ist - und nicht einfach so aufgegeben werden sollte. Nationalismus ist wohl nicht der "-Ismus" für nationale Entscheidungen und Handlungsweisen - und dennoch ist die Grenze des Chauvinismus fliessend (und findet sich versteckt sicherlich in praktisch jeder Ideologie wieder). Und die Merkel-CDU ist wahrscheinlich das beste Beispiel dafür, dass Ideologien auch in den Reihen etablierter Parteien ihren Sinn und Zweck verloren haben, denn diese kann man ja nach Tageslage wechseln wie Unterwäsche, die nach dem Wind weht und jeden Tag etwas anderes erzählt. 


Elke Salzer  / pixelio.de
Vielleicht sind die bisherigen politischen Ideologien, die sich wechselseitig bekämpfen und ausschließen, eher als Werkzeuge zu begreifen und jeweils für die eine oder andere Situation angemessen. Es ist mehr als vorstellbar, dass sich mit der Zeit und unter gegebenen Umständen das "Angemessene" ändert. Es sollte immer wieder überprüft werden, ob eine Handlungsweise als Maxime überhaupt noch Gültigkeit hat.

Ohne Verpflichtung, Anhaftung oder ideologische Maxime sollte für jedes Problem und auch jede zeitlich neue Situation mit einem frischen Blick nach der jeweils besten Lösung gesucht werden. Der Maßstab hierfür sollte eine wissenschaftlich aufgeklärte Herangehensweise an die Lösungen und Alternativen sein. Politik besteht - auch aufgrund der vielfältigen Ideologien - geradezu aus Alternativen. Eigentlich ist das Problem ja gerade, dass wir zu viele Lösungen haben - als denn zu wenige oder gar DIE EINE Lösung. Eine "alternativlose Politik" ist absolut unvorstellbar und eine hinterfo***ige Lüge. Wäre Politik wirklich alternativlos, dann bräuchten wir keine Politik und könnten die eine anstehende Entscheidung auch basisdemokratisch auseinandernehmen.

Genau das ist die Herangehensweise der Piratenpartei und deshalb wird es bei dieser  keine "Ideologie" als solche geben. Die bisherigen Ideologien werden eher als Werkzeuge betrachtet, die sicherlich in der einen oder anderen Situation angemessen sind. Durch dieses permanente sich-selbst-infrage-stellen entsteht vielleicht so etwas, wie eine sich imanent erneuernde "Ideologie", die deshalb nicht greifbar festzunageln ist - und auch den Rahmen bisheriger Ideologien völlig sprengt. 

Soweit wir in der Begrifflichkeit von Ideologien bleiben, handelt es sich somit um eine inklusive Ideologie, die andere Ideologien nicht ausschließt (wie es die bisherigen exklusiven Ideologien allesamt praktizierten) - sondern sich stets und frei bei vorhandenen oder auch neuen Ideologien (oder einfach Ideen, auf denen Ideologien per Definition beruhen) bedienen kann - soweit diese angemessen sind einem Problem zu begegnen.

Im Prinzip werden die kommunikativen und einigenden Werkzeuge, stets die richtige Sichtweise neu zu entwickeln, zu dem erhoben, was bislang Ideologie genannt wurde.

Wenn die piratische Rangehensweise eine imanent permanent erneuernde "Ideologie" ist, dann erklärt dies, warum die Piraten so schwer bis unmöglich zu greifen sind. Dies sollte auch nicht "Ideologie" genannt werden - sondern hat einen neuen Begriff verdient.



http://ins-pirat.blogspot.de/2012/09/freiheit-von-piratischer-ideologie.html
http://ins-pirat.blogspot.de/2012/09/kultur-statt-ideologie.html
http://ins-pirat.blogspot.de/2012/09/die-kulturepoche-der-piratenpartei.html


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